Die vielfältigen Krisen unserer Zeit – Kriege, Verfolgung, Klimawandel und ökonomische Ungleichheiten – treiben Menschen in die Flucht und bringen sie unter anderem nach München. Eine Reaktion auf diese Krisen sind zivilgesellschaftliche Initiativen. Vor allem um 2015 ist in der Stadt eine bürgerschaftliche Bewegung entstanden, die sich in einer gesellschaftlichen Breite mit der Situation von Geflüchteten solidarisch zeigte und konkrete Forderungen an die Politik adressierte. Doch so heterogen wie die Ursachen, sein Land zu verlassen, sind die jeweiligen Ziele und Bedürfnisse von Menschen mit Fluchtgeschichten, die in München über das Ankommen hinaus Fuß fassen wollen. Unter ihnen befinden sich auch Künstler:innen, die jenseits alltäglicher und genereller Herausforderungen mit spezifischen Hürden konfrontiert sind, ihre Kunst in einer neuen Stadt ausüben.
Unter dem Arbeitstitel “Artist Solidariy Platform” wollen wir ausgehend von bestehenden Initiativen und Projekten wie dem Bellevue di Monaco, KinoAsyl, Open Border Ensemble, not residency etc. verstehen, welche weiteren Bedingungen in München geschaffen werden müssen, um auf die Bedürfnisse geflüchteter Künstler:innen eingehen zu können. Wie können professionelle Netzwerke, die für in der Stadt verankerte Künstler:innen selbstverständlich sind, auch für Künstler*innen mit Fluchtgeschichte zugänglich gemacht werden? Welche Hürde gibt es, was müsste die Verwaltung und Förderszene, die Kulturinstitutionen und Kulturschaffende tun, um diese abzubauen? Welche Themen, die nicht mit der künstlerischen Arbeit verbunden sind, kosten Kraft und Zeit?
Die “Artist Solidarity Platform (AT)” ist ein Projekt von Büro Grandezza, einem gemeinnützigen Verein, der Projekte im Bereich der Freien Darstellenden Künste verwirklicht. Als die Münchner Choreographin Anna Konjetzky im Februar ein “not residency” Programm für aus der Ukraine geflüchtete Künstler:innen initiierte, hat Büro Grandezza sich daran beteiligt und mit den gemeinnützigen Strukturen des Vereins die Abwicklung und Finanzierung unterstützt. Die Projektleiter Moritz Grebner und Andreas Kohn haben sich in den vergangenen Jahren im Rahmen des Netzwerks freie Szene München für strukturelle Verbesserungen der Situation freier Künstler:innen eingesetzt und am Kulturzentrum Bellevue di Monaco Kunst- und Kulturprojekte Geflüchteter ermöglicht und mitgestaltet.
Die im vorherigen skizzierte Vorstellung einer solidarischen Plattform für geflüchtete Künstler:innen soll in einer Recherche konkretisiert werden. Im Mittelpunkt stehen zahlreiche Gespräche mit Akteuer:innen aus der Flüchtlingshilfe, Kulturschaffende aus den oben genannten Initiativen und Projekten und vor allem geflüchtete Künstler:innen selbst. Eine systematische Aufarbeitung dieser Gespräche soll dann in einem zweiten Schritt Optionen ergeben, wie Unterstützungsmöglichkeiten für geflüchtete Künstler:innen aussehen können.